Essen und Trinken ist so viel mehr als nur die Befriedigung von Grundbedürfnissen zur Energie- und Nährstoffaufnahme. Eine ganz wichtige Komponente ist auch die bewusste Wahrnehmung der verschiedenen Sinneseindrücke bei der Nahrungsaufnahme. Für die Menümanufaktur in Wien durften wir nun im Rahmen eines Stationsbetriebs einigen Schul- und Kindergartengruppen diesen besonderen Zugang zum Essen und Trinken ermöglichen.
Unser erlebnisorientierter Stationsbetrieb „Bewusst Essen mit allen Sinnen“ ermöglicht Kindern schon im Kindergarten- bzw. Schulalter mit der faszinierenden Welt der Sinneseindrücke beim Essen und Trinken in Berührung zu kommen. Der erste Kontakt mit einem Lebensmittel wird meist über unseren Sehsinn vermittelt. Mit der Farbe assoziieren wir einen bestimmten Geruch und Geschmack und dadurch lassen wir uns auch schon mal in die Irre leiten. Bei einer Station dürfen die Kinder zum Beispiel verschieden gefärbte Joghurtsorten verkosten - die rote Farbe des Marillenjoghurts stiftet da meist schon etwas geschmackliche Verwirrung und lädt zum Nachdenken, Nachschmecken und Neubewerten ein.
Die Geruchswahrnehmung wiederum ist ein komplexer Vorgang, denn die Aromen aus den Lebensmitteln können auf zwei Wegen zur Riechschleimhaut in der Nase gelangen - einmal direkt über die Nasenöffnungen und zum größeren Teil beim Kauen über den Rachenraum in die Nase. Dadurch sind die Geruchs- und Geschmackswahrnehmung auch eng miteinander verknüpft. Gründliches Kauen bewirkt, dass Geschmacks- und Geruchsstoffe besser freigesetzt werden und dadurch die Wahrnehmung intensiver ist. Die starke Beteiligung des Geruchssinns an der Geschmackswahrnehmung wird uns allen im Rahmen eines Schnupfens immer wieder bewusst. Riechen heißt auch Erinnern, denn einen Geruch verbinden wir immer mit einem bestimmten Lebensmittel, einer Situation oder einem Gefühl, das kann sogar aus der Kindheit stammen. Bei unserem Stationsbetrieb ermöglichen wir den Kindern im Rahmen der Station „Gewürze erriechen“ ihre Geruchswahrnehmung gezielt einzusetzen.
Die Geschmackswahrnehmung ist auch als Schnelltest für „genießbar“ oder „ungenießbar“ zu sehen. Der Geschmackssinn ist im Gegensatz zum Geruchssinn ein eher grobes Instrument und kann lediglich die fünf Grundgeschmacksrichtungen süß, sauer, salzig, bitter und umami (würzig, herzhaft) wahrnehmen. Bei der Station „Zuckerwasser verkosten“ erleben die teilnehmenden Kinder die sensorischen Unterschiede in der Geschmackswahrnehmung von verschiedenen Süßgraden und wie sich das Empfinden für die Süßschwelle verändert.
Oft wird vergessen, dass auch der Tastsinn eine wichtige Rolle bei der Sinneswahrnehmung unserer Lebensmittel spielt. Dabei geht es um den Tastsinn der Hände und die Druck- und Tastwahrnehmung im Mund, die uns zusammen den haptischen Eindruck, den wir von einem Lebensmittel haben, vermitteln. Im Rahmen unseres Stationsbetriebs können die teilnehmenden Kinder bei der Station „Lebensmittel ertasten“ den Tastsinn für das Erkennen von Lebensmitteln gezielt einsetzen.
Die Rolle des Hörsinns beim Geschmackserlebnis wird oft unterschätzt. Beim Abbeißen werden Höreindrücke wie laut und leise und die Art des Geräusches wahrgenommen. Bestimmte Lebensmittel wie zum Beispiel ein Apfel erzeugen beim Abbeißen ein typisches knackiges Geräusch, das wesentlich zum Geschmackserlebnis beiträgt
Es freut uns, dass wir schon zum wiederholten Male diesen Stationsbetrieb für die Menümanufaktur in Wien umsetzen durften und so Kindergarten- und Schulkindern einen Einblick in die Sinneswahrnehmung beim Essen und Trinken geben können. Damit soll schon in jungen Jahren der Grundstein für einen bewussten Konsum auf mehreren Sinnesebenen gelegt werden.
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