Science News 13: Salzreduktion zur kardiovaskulären Prävention.
Die WHO empfiehlt zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine Salzzufuhr von weniger als 5 g pro Tag. Tatsache ist, dass der durchschnittliche tägliche Konsum in Europa (8-19 g) weit über diesem empfohlenen Wert liegt. Über die Wirksamkeit der Reduktion des Kochsalzkonsums bei der Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen wird seit langem diskutiert. Obwohl negative Auswirkungen einer erhöhten Natriumaufnahme, etwa Bluthochdruck, allgemein bekannt und wissenschaftlich belegt sind, wird der Nutzen einer Salzrestriktion zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht selten angezweifelt. Ebenso sind Zusammenhänge zwischen einer zu niedrigen Kaliumaufnahme und einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen bekannt.
Die Salt Substitute and Stroke Study (SsaSS) konnte neue und signifikante Ergebnisse hinsichtlich der Prävention von Schlaganfällen, schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignissen und vorzeitigen Todesfällen durch Salzreduktion und Kaliumsupplementierung liefern.
Methode
Die im Jahr 2021 veröffentlichte Studie verglich die Effekte eines speziellen natriumreduzierten und kaliumangereicherten Salzes mit den Auswirkungen von normalem Kochsalz. Dafür wurde ein clusterrandomisiertes, kontrolliertes Studiendesign mit einer Stichprobengröße von 20.995 Proband*innen und einer Beobachtungszeit von Ø 4,74 Jahren angewandt. Als Proband*innen wurden erwachsene Menschen, die bereits einen Schlaganfall in der Anamnese hatten oder 60 Jahre oder älter waren und erhöhten Blutdruck hatten, gewählt. Zu Studienbeginn lag das Durchschnittsalter der Teilnehmer*innen bei 65,4 Jahren. 72,6 % hatten bereits einen Schlaganfall erlitten, 88,4 % litten an Bluthochdruck und 79,3 % nahmen mindestens ein blutdrucksenkendes Medikament ein.
Die Randomisierung erfolgte nach Clustern aus insgesamt 600 Dörfern in China, sodass je 300 Dörfer (mit je 35 Proband*innen pro Dorf) nach dem Zufallsprinzip der Interventionsgruppe, in der die Teilnehmer*innen ein spezielles Salz (75 % NaCl, 25 % KCl) erhielten, oder der Kontrollgruppe, in der die Teilnehmer*innen weiterhin normales Kochsalz (100 % NaCl) verwenden sollten, zugeteilt wurden.
Der primäre Endpunkt der Studie war Schlaganfall, die sekundären Endpunkte waren schwere kardiovaskuläre Ereignisse (nicht tödlicher Schlaganfall, nicht tödliches akutes Koronarsyndrom und vaskulärer Tod) und Tod durch jegliche Ursache. Klinische Hyperkaliämie wurde als mögliche Nebenwirkung des kaliumhaltigen Salzes untersucht.
Ergebnisse
Die Daten zeigten signifikant niedrigere Raten von Schlaganfällen, schweren kardiovaskulären Ereignissen und Todesfällen jeglicher Ursache beim Einsatz des kaliumhaltigen Salzersatzes in der Interventionsgruppe im Vergleich zu normalem Kochsalzkonsum. Der Salzersatz hatte dabei keine offensichtlichen negativen Nebenwirkungen.
So war in der Interventionsgruppe das Schlaganfallrisiko um 14 % geringer (RR 0,86; 95 % KI 0,77-0,96; P=0,006), das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse um 13 % geringer (RR 0,87; 95 % KI 0,80-0,94; P < 0,001) und das Sterberisiko um 12 % geringer (RR 0,88; 95 % KI 0,82-0,95; P < 0,001) als in der Kontrollgruppe. Schwerwiegende Nebenwirkungen durch Hyperkaliämie waren in der Interventionsgruppe mit Kaliumsupplementierung nicht signifikant häufiger als in der Kontrollgruppe (RR 1,04; 95 % KI 0,80-1,37; P=0,76).
Schlussfolgerungen
Die Daten der gegenwärtigen Studie belegen die Wirksamkeit einer Salzrestriktion in der kardiovaskulären Prävention. Den Kochsalzgehalt der Ernährung zu reduzieren könnte somit einen wichtigen Schritt zum Schutz der öffentlichen Gesundheit darstellen.
Eine Limitation der Studie ist allerdings, dass ausschließlich Personen, die bereits einen Schlaganfall in der Anamnese hatten oder 60 Jahre oder älter waren und an Bluthochdruck litten, rekrutiert wurden.
Es ist bekannt, dass die Kochsalzaufnahme nicht jeden Menschen gleichermaßen beeinflusst: während Personen mit Bluthochdruck auf eine hohe Kochsalzzufuhr oftmals mit einer weiteren Erhöhung des Blutdrucks reagieren, zeigen sich bei den meisten Personen mit normalem Blutdruck nur minimale Änderungen. Darüber hinaus bleiben Unsicherheiten in Bezug auf Schäden durch eine erhöhte Kaliumzufuhr bei bestimmten Personengruppen mit Kontraindikation gegen eine Kaliumsubstitution, da Personen mit einem erhöhten Hyperkaliämie-Risiko von vornherein von der Studie ausgeschlossen wurden.
Auch wenn diese Argumente den prinzipiellen Nutzen einer Kochsalzreduktion nicht in Frage stellen, sind sie doch zu berücksichtigen, wenn es um die Ableitung allgemeiner Empfehlungen für alle Personengruppen bzw. um eine Kaliumanreicherung von Speisesalz geht.
Quelle:
Neal B, Wu Y, Feng X, Zhang R, Zhang Y, Shi J, Zhang J, Tian M, Huang L, Li Z, Yu Y, Zhao Y, Zhou B, Sun J, Liu Y, Yin X, Hao Z, Yu J, Li KC, Zhang X, Duan P, Wang F, Ma B, Shi W, Di Tanna GL, Stepien S, Shan S, Pearson SA, Li N, Yan LL, Labarthe D, Elliott P. Effect of Salt Substitution on Cardiovascular Events and Death. N Engl J Med. 2021 Sep 16;385(12):1067-1077. doi: 10.1056/NEJMoa2105675. Epub 2021 Aug 29. PMID: 34459569.
Zitierung:
SIPCAN, Salzreduktion zur kardiovaskulären Prävention. SIPCAN Science News 2022, Januar; 13.
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