Nicht nur gegen die Lebensmittelverschwendung, sondern auch für die eigene Gesundheit ist es lohnenswert, Reste vom Mittagessen weiter zu verwerten. Denn beim Abkühlen von Kartoffeln, Nudeln oder Reis entsteht so genannte „resistente Stärke“. Sie zählt zu den Ballaststoffen und kann besonders die Darmflora stärken. Was ist resistente Stärke genau und was bewirkt sie im Körper? Wir fassen Grundlagenwissen und aktuelle Studiendaten zusammen.
Getreideprodukte (Brot, Reis, Nudeln, Getreideflocken), aber auch Kartoffeln oder Hülsenfrüchte enthalten unterschiedliche Mengen an komplexen Kohlenhydraten, die in erster Linie in Form von Stärke vorliegen. Während die Stärke in Getreide für den menschlichen Körper relativ gut verdaulich ist, müssen Kartoffeln erst gekocht werden, damit die enthaltene Stärke aufquellen und von den Verdauungsenzymen aufgespalten bzw. im Darm resorbiert werden kann. Beim Abkühlen der stärkehaltigen Lebensmittel bildet sich zum Teil wieder unverdauliche, so genannte „retrogradierte“ oder „resistente“ Stärke, die zu den Ballaststoffen gezählt wird und ähnliche, gesundheitsfördernde Wirkungsweisen zeigt.
Fünf unterschiedliche Typen resistenter Stärke
Je nach Vorkommen bzw. Entstehungsart werden mehrere Typen resistenter Stärke unterschieden. Resistente Stärke vom Typ 1 und Typ 2 kommt natürlicherweise in Lebensmitteln vor wie z.B. in Getreide, rohen Kartoffeln, wenig reifen Bananen, Hülsenfrüchten oder Samen und Saaten. Typ 3 der resistenten Stärke entsteht, wenn die Stärke in kohlenhydratreichen Lebensmitteln wie Kartoffeln, Reis, Teigwaren oder Hülsenfrüchten nach dem Abkühlen ihre chemische Struktur verändert. Dabei verdicken sich die langkettigen Kohlenhydrate und werden für den Körper praktisch unverdaulich. Die zwei weiteren Typen resistenter Stärke beziehen sich auf chemisch modifizierte Stärken in bestimmten Brot- und Kuchensorten sowie Ballaststoffdrinks (Typ 4) und Stärken, die mit Lipiden verbunden sind (Typ 5).
Chemischer Entstehungsweg – Typ 3
Stärke ist chemisch gesehen ein Polysaccharid aus Glukosemolekülen, die aneinandergekettet als unverzweigte Amylose- und verzweigte Amylopektin-Bausteine vorliegen. Beim Abkühlen neigen Amylosemoleküle aufgrund ihrer linearen Struktur dazu, eine Doppelhelix zu bilden, besonders bei Kühltemperaturen von 4-5 °C und ausreichender Feuchtigkeit. Dieser Umbildungsprozess beansprucht etwa 12 Stunden und führt dazu, dass die Amylose ihre Fähigkeit zur Wasseraufnahme verliert. Die veränderte Struktur der Doppelhelix verhindert außerdem die Anbindung von Verdauungsenzymen (Amylase), sodass die Amylose nicht abgebaut werden kann.
Auch Verarbeitungsprozesse wie die Kochzeit und -intensität nehmen Einfluss auf die Menge an gebildeter resistenter Stärke, wobei eine niedrigere Temperatur und eine längere Kochzeit zu einem größeren Gehalt an resistenter Stärke führen können. Der Gehalt steigt auch, wenn gekochte und abgekühlte Lebensmittel wieder aufgewärmt werden.
Gesundheitliche Effekte
Resistente Stärke bietet verschiedene gesundheitliche Vorteile aufgrund ihrer unverdaulichen Eigenschaften und physiologischen Funktionen. Sie zählt zu den präbiotisch wirksamen Ballaststoffen und fördert – neben der Verdauung – auch die Vielfalt der nützlichen mikrobiellen Darmflora, während sie das Wachstum pathogener Darmbakterien hemmt. Die in den Dickdarm gelangende resistente Stärke wird von den Darmbakterien metabolisiert. Dabei entstehen die kurzkettigen Fettsäuren Butyrat, Acetat und Propionat, die vermutlich eine protektive Wirkung auf die Epithelzellen im Dickdarm ausüben. Besonders Butyrat als bevorzugtes Energiesubstrat der Schleimhautzellen des Dickdarms verbessert die Proliferation der Kolonozyten und damit die Erneuerung des Epithelgewebes. Der Schutzeffekt der kurzkettigen Fettsäuren vor Dickdarmkrebs wird auch durch die Senkung des ph-Werts verstärkt. So ist ein niedriger pH-Wert im Magen-Darm-Trakt für die Bindung von kanzerogenen Substanzen an Ballaststoffe und damit ihre Ausscheidung förderlich. Auch die Bildung von krebsstimulierenden Gallensäuren kann so gehemmt werden.
Laut einer rezenten Übersichtsarbeit gibt es weiters einige Evidenz dafür, dass resistente Stärke auch die glykämische Antwort, die Insulinresistenz, die Nierenfunktion sowie Entzündungsmarker verbessern kann, insbesondere bei Personen mit vorliegenden metabolischen Erkrankungen wie z.B. Diabetes mellitus. Wenig wissenschaftlichen Konsens gibt es hingegen für Effekte bei der allgemeinen Bevölkerung, wie auch in Hinblick auf die Beeinflussung von Lipoproteinen.
Fazit
Die aktuelle Studienlage lässt noch nicht zu, gesundheitliche Effekte auf die verschiedenen Typen resistenter Stärke zurückzuführen. Auch wenn deren Effekte variieren – sowohl metabolisch, aber auch inter-individuell – steht der gesundheitliche Benefit einer Ernährung reich an resistenter Stärke (wie auch an Ballaststoffen allgemein) insgesamt außer Frage.
(Literatur im Download-Dokument)
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