Die Zukunft isst „pflanzenbasiert“. Eiweiß aus pflanzlichen Lebensmitteln ist aber verglichen mit tierischem Eiweiß für den menschlichen Körper weniger wertvoll. Wir erklären, was hinter dem Begriff „biologische Wertigkeit“ steckt und wie sich jene von Pflanzeneiweiß ganz einfach steigern lässt!

Eiweiß, oder „Protein“, ist ein wichtiger Baustoff für unsere Muskeln, Organe, Enzyme, Hormone und für wichtige Bestandteile des Blut- und Immunsystems. Dafür benötigt unser Körper das Eiweiß aus der Nahrung, oder genauer gesagt: die unterschiedlichen stickstoffhaltigen Aminosäuren, aus denen das Eiweiß besteht. Doch abhängig von deren Zusammensetzung ist nicht jedes Eiweiß in unseren Lebensmitteln gleich „wertvoll“ – und da kommt die sogenannte „biologische Wertigkeit“ ins Spiel.
Ein Begriff mit wertigem Inhalt
Das erste Konzept der biologischen Wertigkeit stammt aus dem Jahr 1909 vom deutschen Ernährungswissenschaftler Karl Thomas, der sich mit der Umwandlung des Stickstoffgehalts von Lebensmitteln in Körperstickstoff beschäftigte. Heute wird unter diesem Begriff die Qualität von Nahrungsproteinen anhand einer Maßzahl beschrieben, die angibt, wie effizient der menschliche Körper das Eiweiß aus der Nahrung in körpereigenes Eiweiß umwandeln kann. Je höher diese Maßzahl, das heißt die biologische Wertigkeit eines Lebensmittels ist, umso mehr davon kann der Körper verwerten. Je besser also das Aminosäuremuster des Nahrungsproteins unserem genauen Bedarf an Aminosäuren entspricht, umso weniger Proteinmenge muss auch zugeführt werden. Besonders entscheidend dafür ist der Gehalt an bestimmten unentbehrlichen Aminosäuren, die unser Körper nicht selbst herstellen kann.
Das im Hühnerei enthaltene Eiweiß hat mit einer biologischen Wertigkeit von 100 die beste Aminosäurezusammensetzung und wird daher zum Vergleich herangezogen. Diese Beispiele zeigen, dass pflanzliche Proteinquellen im Allgemeinen eine niedrigere biologische Wertigkeit haben als tierische Proteine:
Hühnerei: 100
Schweinefleisch: 85
Rindfleisch: 80
Soja: 81
Roggen: 78
Kartoffeln: 76
Kuhmilch: 72
Bohnen: 72
Mais: 72
Reis: 66
Weizen: 47
Gewusst wie: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile
Eine gesunde und umweltschonende Ernährung ist pflanzenbasiert. Pflanzliche Lebensmittel weisen aber häufig nicht das volle Spektrum an unentbehrlichen Aminosäuren auf. Wer die biologische Wertigkeit seiner Mahlzeiten erhöhen möchte, für den lohnt es sich daher zu wissen: Durch eine clevere Kombination verschiedener Lebensmittel - z.B. Eintöpfe mit Reis oder Brot, in Salaten oder im Müsli - kann die biologische Wertigkeit des aufgenommenen Proteins deutlich erhöht werden, sogar weit über das Hühnerei hinaus, zum Beispiel:
Kartoffeln + Ei: 136
Milch + Weizen: 125
Ei + Soja: 124
Ei + Milch: 119
Kartoffeln + Milch: 114
Ei + Mais: 114
Bohnen + Mais: 100
Der Klassiker mit dem größten Aufwertungseffekt ist die Kombination von Kartoffeln und Ei: So hat die Kartoffel zwar schon alleine eine relativ hohe biologische Wertigkeit (76), aber kombiniert mit Ei - z.B. als Gröstl oder Kartoffelpüree mit Spiegelei - erreicht sie einen außergewöhnlichen Spitzenwert (136)! Das liegt daran, dass sich die Aminosäurenprofile der beiden Nahrungsmittel perfekt ergänzen. Auch Hülsenfrüchte und Getreide werten sich in geschickter Kombination gegenseitig auf. So ist z.B. Getreide arm an den Aminosäuren Lysin, Threonin und Tryptophan, aber reich an Methionin. Hülsenfrüchte wiederum sind arm an Methionin, aber reich an Threonin und Tryptophan.
Gut verfügbar oder nicht?
Wie so oft, ist es aber nicht ganz so simpel: Denn für die Beurteilung der Eiweißqualität müssen zusätzliche Faktoren wie insbesondere die Verdaulichkeit berücksichtigt werden. Denn es heißt nicht unbedingt, dass unser Körper alle im Eiweiß enthaltenen Aminosäuren auch tatsächlich aufnehmen und verwerten kann. Auch hier schneiden pflanzliche Proteine im Vergleich zu tierischen im Allgemeinen schlechter ab. Erhitzungsprozesse im Rahmen der industriellen Verarbeitung und zuhause im Haushalt können die Verdaulichkeit allerdings sehr positiv aber auch negativ beeinflussen. So verringern z.B. chemische Reaktionen bei der Bräunung (z.B. beim Brot backen) die Verfügbarkeit der Aminosäuren. Umgekehrt werden beim Kochen von Hülsenfrüchten, Kartoffeln oder Getreide Faktoren inaktiviert, die das Aufspalten des Eiweißes verhindern – die Verfügbarkeit der Aminosäuren steigt.
Besonders relevant für Kranke, Sportler und Ältere
Auf eine hohe biologische Wertigkeit und Verdaulichkeit zu achten, ist ganz besonders für Menschen sinnvoll, die aus gesundheitlichen Gründen ihre Proteinzufuhr im Auge behalten sollen (z.B. bei einer Nierenerkrankung). Da Proteine mit hoher biologischer Wertigkeit effektiver für den Aufbau und die Regeneration von Körpergewebe genutzt werden können, ist es auch für Sportler, ältere Menschen und in der Heilungsphase vorteilhaft, auf eine hochwertige Proteinzufuhr und insbesondere bei pflanzenbasierter Ernährung auf gezielte Kombinationen zu setzen.
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